Die Beratungspflicht ist aus der Zeit gefallen
Die Beratungspflicht als Voraussetzung für einen Schwangerschaftsabbruch ist aus der Zeit gefallen und sollte abgeschafft werden. Denn sie stellt ja nicht nur eine formale Hürde dar, sondern suggeriert, betroffene Frauen könnten nicht selbständig entsprechende ethische Entscheidungen fällen.
Mich verwundert, dass Staatsministerin Köpping ausgerechnet die Beratungspflicht für sakrosankt erklärt. Die Entscheidung für oder wider einen Schwangerschaftsabbruch ist gewiss eine schwerwiegende ethische Entscheidung. Betroffene Frauen machen sich diese Entscheidung nicht leicht und viele wissen eine Beratung zu schätzen. Eine aufgeklärte Gesellschaft muss den betroffenen Frauen aber zutrauen, die Entscheidung selbst herbeizuführen. Wer anderen eine Beratungspflicht aufzwingt, unterstellt ihnen, nicht zu einem selbständigen Urteil in der Lage zu sein. Gerade in ethischen Fragen ist dies absurd. Wir haben es hier schließlich mit mündigen Bürgerinnen zu tun, die selbst wissen, ob sie Beratung in Anspruch nehmen möchten oder nicht. Daher plädiere ich für eine Sicherstellung eines Beratungsangebots bei strikter Freiwilligkeit der Inanspruchnahme.
Ich habe großes Verständnis dafür, dass die Bundesregierung nach Erscheinen des Expertenberichts mit Vorsicht agiert. Es handelt sich um ethisch komplexe und gesellschaftlich polarisierende Fragen. Ziel sollte es aber sein, auch in diesem Bereich die Modernisierung von Staat und Gesellschaft voran zu treiben. Ein Abtreibungsrecht, das schwangere Frauen in ihrem Recht auf Selbstbestimmung über ihren Körper einschränkt und ihre ethische Entscheidungsfähigkeit in Zweifel zieht, können wir nicht einfach beibehalten, um gesellschaftlichen Diskussionen aus dem Weg zu gehen.